„Verdammter blöder Sack!“
Da saß er nun. Wieder einmal. Total geknickt und knabberte verbissen die Ungeziefer aus seinem Fell.
„Schnell weg mit der doofen Träne“, dachte er und putzte sich mit seiner Pfote übers Gesicht. Harte Kerle brauchen sowas nicht.
„Tust Du wieder Trübsaal blasen? Sei doch nicht immer so mürrisch. Guck Dir Felix an, der lacht immer. Ach Maunz, ich muss mich beeilen und schnell meine Krallen wetzen. Er hat uns alle eingeladen. Tschö Du Trauersack“.
Na bravo! Das hatte er gerade noch gebraucht. Ausgerechnet Sissi! Bei IHM! Wieder waren alle beisammen und Felix der Star im Katzenhimmel. Was machte der nur anders als gut auszusehen? Und irre witzig zu sein? Und nett und charmant? Und gebildet? Ach menno!
Deprimierter Kater
Tom wusste nicht ob er eher geknickt oder deprimiert war, eher gedeprimierknickt. Denn es war doch immer und immer wieder die gleiche Wolfsschleife. Freunde und Freude bei den Anderen. Er allein, traurig, niemand verstand ihn. Hatte er überhaupt Freunde? Sie fragten ihn ja doch ständig nur wieso er nicht wie Felix wäre, wieso er nicht mal lachen könne, weshalb er es sich nicht einfach leichter machen würde und überhaupt müsse katz sich ja nicht so anstellen.
„Wer sich einsam, fremd und traurig fühlt, ist keineswegs verkehrt. Möglicherweise nur sein Umfeld.“
Tanja Schillmaier
Aber immer wenn er zu einer Antwort ansetzte, hörte ihm schon niemand mehr zu. Wollten sie seine Beweggründe überhaupt hören? Da war so vieles in ihm drin, worüber er nachdachte, was ihn faszischnurrte und tief bewegte.
Streng genommen langweilten ihn diese dämlichen Lauerspiele im Maulwurfgarten. Sobald die Jägerscharr einen Maulwurf oder auch mal nen Hasen erwischt hatte, spielten sie mit ihm Pingpong, versäumten dabei aber nicht mit arrogant erhobenem Schwanz vor jeder Spiegelgeliegenheit an den Terrassentüren herum zu stolzieren und darüber abzulästern, dass die Hunde wieder mal einen kralligen Verschwörungskrieg anzettelten.
„Möglicherweise sind sie Dir alle gar nicht gewachsen“, quakte dieser kleine grüne Frosch aus dem Gebüsch.
Wo der immer wieder her kam und Tom’s Gedanken zu kennen schien. Das war doch nicht real. Frösche reden doch nicht! Und außerdem hatte der Wimpern. In der Welt der Märchen wäre es vielleicht eine Froschkönigin. Aber hier in der faden Welt von Katzenhausen? So ein gequirlter Tiermehlgulasch!
„Mir nicht gewachsen … Ja klar, deshalb scharen sich ja alle so um mich, weil ich so toll bin!“
Es war einfach schrecklich trostlos.
„“Knuubeng!!““
„Bäh!! Sag mal, spinnst Du, Pfuihundel!“
Der war ja immer noch da. Und er, naja, oder sie, hatte versucht, ihn zu küssen. War die von allen guten Krähen verlassen?
Während Tom gerade zum Lossprinten ansetzen wollte, um sich vor dieser komischen Fröschin in Sicherheit zu bringen, musste er just einhalten und alle Schnurrhaare ausfahren. Was war denn hier los? Irgendetwas stimmte nicht. Diese komische Stimmung …
Schnurrhaar sei wachsam
Ja, es musste etwas geschehen sein. Alle Vögel sangen so froh, fast schon schelmisch, rachsüchtig. Auweia, die feierten!
Blitzschnell war ihm klar, dass etwas Schreckliches geschehen sein musste. Samtpfotig lautlos, wie es nur ein echter Kater konnte, setzte er eine Tatze vor die andere und inspizierte die Siedlung.
Da!
„Verpestete Mäusescheiße, Charly!!“ Auch wenn der ein linker Sack war, so etwas hatte er ihm nicht gewünscht. Elendig krepiert lag er da in seinem eigenen Saft.
Plötzlich hörte Tom etwas. Er spitzte seine Ohren. Verdammt, die blöden Menschen mit ihren dämlichen Gummiwalzen machten immer dann Krach, wenn Katz es gar nicht brauchen konnte! Mach endlich Deine Scheiß Tröte aus, Mann!“
Katzengott sei dank, es war der Draußenparker, der immer noch 5 Min. im Auto sitzen bleibt, bevor er zu seiner Schreibande nach Hause geht. So konnte Tom wieder alle Sinne ausfahren.
Da war es wieder das Geräusch. Was war das? Er ging näher. Jaaa, es kam aus dem Maulwurfgarten.
„Schnurrrrrrrrritrililo …“
Sissi – man was hatte diese Mietz für einen A…. Gang! – kam um die Ecke stolziert. Scheinbar war sie mit Krallenwetzen fertig und gerade auf dem Weg zur Party.
„Sissi! Bleib stehen und rühr Dich nicht!“
Tom war mit einem Satz zu ihr gesprungen und hatte ihren Weg blockiert. Sie sah ihn nur verdattert an, gehorchte aber ohne ein Miau von sich zu geben. Das Schnurren war ihr vor Schreck im Halse stecken geblieben.
„Es stimmt was nicht, Sissi. Bitte bleib hier, ich will mir das erst ansehen.“
Katerchen Checker
„Wow, diese Seite kannte ich gar nicht von Dir“, dachte sich Sissi und hatte das Bedürfnis, sich an ihm kokettierend vorbei zu schmiegen. Aber gut, scheinbar war das jetzt unangebracht. Ihre Hormonuhr schien grundsätzlich gegen den Mainstrom zu pulsieren.
Als Tom den Garten einsehen konnte, sah er sie alle. Aber nicht so fröhlich wie sonst. Das war hier keine Partystimmung.
Auweia, waren die krank? Sie lagen alle am Boden. Scheiße, lebten die überhaupt noch?
Doch, schien schon so, sie zitterten ja.
„Zwitscherzwitscher Katzenscharr, im Himmel gefallt ihr uns wunderbar“, lachten die Vögel.
Jetzt hatte Tom begriffen. Die Partykatzen schienen vergiftet. Da sie alle aus der gleichen Wasserpfütze tranken und den gleichen Hasenbock gebissen hatten … Oder hatten die Vögel ihre Federn im Spiel?
Egal, das spielte jetzt keine Rolle. Tom musste handeln und zwar mit Mäusespeed.
Blitzschnell war ihm bewusst, dass es in Katzenhausen noch viele andere Maunzgesellen gab, die ebenfalls diese Parties mieden.
„Sissi!“, rief er. „Wir müssen Alarm schlagen. Ruf alle Katzen des Südens so laut wie Du kannst und sag ihnen sie sollen mit so viel Gras wie sie im Rennen reißen können zum Maulwurfsgarten sprinten“.
Während Marlon und Caddy sich ratlos hinter ihren stets für die Freiheit verschlossenen Türen ansahen, hastete Tom deren Straße Richtung Ost und West auf und ab und miaukreischte alle Mäusejäger zusammen.
„Ein Seele in ihrer eigenen Kraft leistet, was ihren Spiegel glücklich macht!“
Tanja Schillmaier
„Was ist denn in den gefahren, spinnt er schon wieder?“, fragte Marlon seinen Caddy und sie kuschelten sich beide in ihre kleine begrenzte Hauskatzenwelt zurück.
Als Sissi außer Atem zurück zum Maulwurfsgarten kam, sah sie wie Tom allen Grasbringern Anweisungen zurief. Ihr fiel zum ersten Mal auf, wie stark er war.
„Jeder sucht sich einen liegenden Kollegen und stopft ihm so lange Gras in den Rachen, bis die Kotzwelle kommt. Schnell!“
Tom rannte und half, wo er nur konnte. Nach ungefähr einer Stunde stank der Maulwurfsgarten so abartig, dass sie alle so sehnsüchtig wie noch nie zuvor, das Angebot der Biomietz annahmen, sich im Kräutergarten zu erholen und neue Kräfte zu sammeln.
Bis auf den armen Charly waren alle Schnurrtiger gerettet. Die Vögel hatten sich mürrisch auf den Ästen niedergelassen und während Sissi sich an Tom schmiegte, hörte dieser ein „Herrlich anzusehen, wenn eine Seele in ihre eigene Kraft kommt“ aus dem Lavendeleck und nahm lächelnd eine zwinkernde Froschkönigin zur Kenntnis.
Textquelle & Copyright: Tanja. Trotzdem
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Bildquelle: eigene vom eigenen Kater
Dieser Artikel wurde schon am 3. November 2016 auf einer meiner alten Seiten veröffentlicht.
Tanja Schillmaier ist Autorin und systemische Coachin mit einer Leidenschaft für hilfreiche psychologische Methoden, die sie in ihren Büchern mit tiefen persönlichen Einsichten kombiniert. Sie unterstützt ihre Leser darin, Herausforderungen des Alltags zu meistern, indem sie komplexe Themen auf verständliche Weise vermittelt und Werkzeuge zur Selbstreflexion bietet. Mit ihrer eigenen wachsenden Powerquickie-Buchreihe und weiteren Ratgebern, wie dem Buch ‚Zuckerteufel – Glücklich leben trotz ADHS‘, schafft sie inspirierende Ressourcen für Menschen, die Probleme zu bewältigen haben und nach mehr Leichtigkeit und Balance suchen.