Was ist Coaching eigentlich genau?

Den Begriff ➡ Coaching hört man heutzutage vielerorts an völlig unterschiedlichen Ecken und die meisten Menschen haben voneinander abweichende Vorstellungen von Coaching. Es scheint vielmehr ein Modewort unserer Zeit, das viele „Menschenarbeiter“ gern verwenden, weil es so schön hilfreich und cool klingt. Das Dilemma für „echte“ Coachs besteht darin, dass das Wort Coaching nicht geschützt ist und sich daher jeder so nennen darf. So tun dies entsprechend viele Anbieter mit reiner Helferabsicht, teilweise ohne jegliche selbstreflektorische und deren eigene Persönlichkeit reifende Ausbildung.

Tanja Schillmaier

Häufiges Missverständnis im Coaching

Wenn es ein Missverständnis im Coaching gibt, dann ist es vermutlich genau das eben genannte. Wer sich ohne „Basisreifung“ und Qualifikation so nennt, geht meistens mit einem bestimmten Thema an den Markt, mit dem er anderen Menschen helfen möchte. An sich keine schlechte Absicht. Der Klassiker wäre beispielsweise: „Coaching für bessere Leistung“. Der Coachingprozess besteht dann meist in einer bestimmten Ablaufsweise nach dem Motto:

„Ich zeig Dir, wieso Du Problem XY noch nicht gelöst hast“.

Solche Anbieter arbeiten in der guten Absicht, ihren Klienten mit bestimmten Lebensrezepten (Ansichten oder Werten) zu helfen. Was erst einmal gut klingt, trägt eine große Gefahr. Denn dieses Selbstverständnis im Coaching denkt gern nach Schema F. Beispiel:

„Na logisch nimmst Du nicht ab, erhöhe mal deine Bewegung und reduzier‘ die Kalorien und schon wird’s flutschen.“

Ein anderes Beispiel aus der vertrieblichen Arbeitswelt:

„Klaro, mache ich Ihre Leute produktiver!“

Solche nennen sich dann beispielsweise Erfolgscoach. Wobei der Schwerpunkt Erfolg an sich nicht zwingend falsch sein muss. Die heikle Frage ist lediglich jene der Herangehensweise.

Das was ich echtes Coaching nenne, arbeitet mit einem kleinen aber entscheidenden Unterschied:

Coaches machen nix aus ihren Kunden

Wir Coaches „machen“ nix mit den Leuten. Schon gar nicht zwingen wir anderen Menschen unsere Denkschemas über. Gutes Coaching besteht darin, dem Kunden in seiner eigenen Wahrheitsfindung behilflich zu sein. Dies kann stellenweise völlig von unserer persönlichen Meinung abweichen. Denn in einem Coaching stehen die Wertesysteme unsere Kunden im Vordergrund, nicht unsere eigenen. Ein guter Coach muss zuweilen mit dem Missverständnis leben, er hätte keine eigene Meinung. Derweil hat er oder sie lediglich gelernt, den Denk- und Handlungsweisen anderer Menschen mit tiefem Respekt zu begegnen. Hierzu gehört auch ein hohes Maß an Fehlertoleranz. Für mich persönlich bedeutet das beispielsweise, dass ich Menschen nicht anhand ihrer Schwächen und gemachten Fehler betrachte, sondern mich für ihre Hintergründe und Absichten interessiere.

Meine eigenen ethischen Grenzen benenne ich lediglich dann, wenn mich Kollegen zur Supervision buchen und explizit meine Meinung zu bestimmten eigenen mentalen oder betriebswirtschaftlichen Hindernissen erfragen. Doch selbst hierbei lege ich großen Wert darauf, meine Meinung von meiner Rolle im Coaching abzugrenzen.

Um auf das Thema Erfolgscoaching zurückzugreifen, bleibt der Prozess selbst bei einer klaren Zielzusteuerung immer auch ergebnisoffen. Außerdem wird der Klient nicht isoliert betrachtet, sondern als Teil seiner Präge- und Umgebungssysteme.

Coaching bedeutet freie Wegwahl

In einem Erfolgscoaching kann der Kunde sich mit möglichen Hindernissen seiner Erfolgsblockaden auseinandersetzen und etwaige noch nicht genutzte Ressourcen finden. Aber ebenso gut darf er feststellen, dass sein Herz in eine ganz andere Richtung möchte. Ein viel zu oft übersehener Segen für Firmen! Denn was brächte der Coachingauftrag „machen Sie den mal effizienter“ bei einer Fehlbesetzung? Kein Mensch kann dauerhaft zu etwas gebogen werden, das er nicht ist. So wäre ein Erkennen firmenfremder Interessen ein absoluter Gewinn für beide Seiten. Einige sehr bekannte Betriebe unserer Region leiden genau an diesem Problem. Immer mehr gute und produktiv willige Mitarbeiter laufen davon, weil das sprichwörtliche Gift unzufrieden an falscher Stelle sitzt. Nur Wenige erkennen die Brisanz und den Ausweg, den Coaching und psychologische Teamtrainings zu liefern in der Lage wäre.

Um auch auf das Beispiel des oben genannten „Abnehmcoachings“ zurückzukommen, hätte ein solcher Coachingprozess weniger die klassischen Standardtipps zum Inhalt. Ein „echter“ Coach würde wesentlich ganzheitlicher vorgehen und die komplexen Hintergründe beleuchten helfen. Hier könnte das Coaching beispielsweise zum Ziel haben, herauszufinden, woran es wirklich liegt oder der Klient aber plötzlich erkennen, dass das Umgehen mit äußerlicher Kritik wesentlich mehr auf der Seele liegt, als die Frage nach mehr Aktivität.
Der entscheidende Unterschied besteht aber darin, dass nicht der Coach das Ziel und den Weg bestimmt, sondern der Klient und der stete Prozess.

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