„Rechtfertige Dich doch nicht immer so!“
Kennst Du diesen Satz?
Als Rechtfertiger oder Ratgeber?
Rechtfertiger empfinden diesen Satz als ziemlich fiese, anmaßende Aussage und ich möchte in diesem Beitrag beleuchten, weshalb.
Menschen, die sich rechtfertigen zeigen mit jedem Ansatz, sich zu erklären, einen Teil von sich selbst. Sie öffnen sich Dir, möchten Dich an den Facetten und Hintergründen ihrer eigenen Wahrnehmungen und Handlungsweisen teilhaben lassen.
Mit einem Satz wie „Schon wieder rechtfertigst Du Dich, lass das doch sein“, wird ihnen mittendrin ein unbestelltes Pflaster auf den Mund geklebt. Nicht selten erinnert die Szene von außen betrachtet, wie das Zurechtweisen eines unschuldig spielenden Kindes.
Vor allem aber geht damit unter, dass das Gegenüber den Rechtfertiger in eine Schublade gesteckt hat und nicht beabsichtigt, sie wieder zu öffnen. Derweil möchte ein rechtfertigender Mensch in diesem Moment nichts lieber als das. Mit jedem weiteren Versuch, landet die Erklärsocke aber immer tiefer im Tumult.
Liebes Volk, dieser Beitrag möchte Dir eines versichern: Rechtfertiger zeigen weder ein Schuldeingeständnis, noch wollen sie etwas vertuschen.
Rechtfertiger haben so viel Respekt vor Dir, dass sie für Deine Empathie lediglich ihre Bandbreite eigener Empfindungen in die Redeschale werfen.
Du brauchst deshalb nicht Deinen Stand–PUNKT zu wechseln. Aber bitte höre ihnen wenigstens zu und beleidige sie nicht!
Wer sich rechtfertigt, vertraut Dir das Tor seiner Seele an.
Tanja Schillmaier
So kannst Du mit einem Rechtfertiger umgehen
Ganz bestimmt hast Du nie beabsichtigt, jemanden fies zu behandeln. Viel mehr ist dieses Missverständnis durch unsere Gesellschaft geprägt und der Klassiker des „Rechtfertiger verbergen Schuld“ quasi mit der Muttermilch eingeflößt. Oben ging es nur darum zu zeigen, wie es vom Gegenüber häufig empfunden wird.
Wenn Du das nächste Mal in einer Situation bist, wo Du bemerkst, wie Dir einer dieser Sätze hoch kommt, kannst Du versuchen, genau das achtsam zu bemerken und stattdessen zuzuhören. Was wäre, wenn es in dem jeweiligen Thema durchaus noch eine andere Facette gibt, die Dir Dein Gegenüber gerade vermitteln möchte? Mit dieser Grundhaltung wirst Du viel leichter in der Lage sein, die andere Person in ihrem Mitteilungsbedürfnis anzunehmen und damit wertzuschätzen.
Falls Du Dich mehr damit befassen möchtest, weil es möglicherweise ein Thema bei Dir ist, google doch mal das Thema „Aktives Zuhören„. Auch das „Kommunikationsquadrat“ ist äußerst erhellend 🙂 .
Aber keine Sorge. Egal ob im Vertrieb oder in der psychologischen Beratung ist dieses Thema Training über mehrere Jahre.
Wenn Du Dich häufig beim Rechtfertigen erwischst…
… dann ist daran gar nichts auszusetzen, sondern Du vermutlich ein mitteilsamer Menschentypus. Spür‘ in Dich hinein, ob Du Dich in diesem Artikel angesprochen fühlst. Dann kann er Dich vielleicht an sich schon aufbauen und motivieren, in der nächsten Rechtfertigungssituation gelassen zu bleiben.
Falls in Dir drin gerade sehr viel mehr passiert, der Bauch grummelt, das Herz klopft oder ähnliches, dann verbirgt sich möglicherweise ein wenig mehr. Das kann eine ärgerliche Situation sein, an die Du nun erinnert wirst. Vielleicht gehörst Du zu den temperamentvollen Menschen oder aber zu den mit geringem Selbstvertrauen und fühlst Dich in jenen Situationen besonders angreifbar.
Ist dem so? Dann kommt es nun wieder darauf an, wie sehr Dich das mitnimmt (?). Viele unserer Alltagsemotionalitäten können wir sehr gut mit uns selbst ausmachen. Insbesondere wenn sie uns überhaupt einmal als solche bewusst werden.
Erst was uns bewusst ist, kann sich verändern
Vielleicht verändert sich in nächster Zeit schon etwas in Dir, wenn Du nun nicht mehr nur das diffuse Gefühl hast, dass das Wort Rechtfertigung die Sache unzureichend bewertet. Wenn Dir in einer erneuten Situation dieser Art, dieser Text einfällt und Du denken kannst „Ach ja genau, dieser Artikel da beschrieb ja, dass das vollkommen OK ist“. Ab jetzt kannst Du die Sache möglicherweise von außen betrachten und sagen: „Genau, ich öffne hier eine Seite von mir! Wenn Du sie nicht hören willst, ist das Deine Entscheidung, die ich akzeptieren werde. Mit mir hat das aber nichts zu tun“.
Sollte mehr dahinter stecken und es Dich nicht so recht loslassen bzw. Dein Bauchgefühl an der entsprechenden Stelle deutlichere Töne zeigen, dann kann eine Möglichkeit sein, Dir helfen zu lassen. Psychologische Berater und Coachs begleiten Dich darin, innere Stimmen und Hintergründe aus neuen Perspektiven zu betrachten.
Viele Menschen können sich vor einer solchen Begleitung wenig vorstellen. Manche haben sogar Angst davor. Erst wer es ausprobiert hat, stellt dann meistens fest, dass es „endlich mal einen Platz gab, an dem es voll und ganz um mich selbst ging und ich erfahren habe, dass vieles von dem, was ich an mir als total negativ und unnormal empfunden habe, wesentlich normaler ist als ich dachte“.
Textquelle & Copyright: Tanja. Trotzdem
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Bildquelle: eigene
Dieser Artikel wurde schon am 30.10.2016 auf einer meiner alten Seiten veröffentlicht.
Tanja Schillmaier ist Autorin und systemische Coachin mit einer Leidenschaft für hilfreiche psychologische Methoden, die sie in ihren Büchern mit tiefen persönlichen Einsichten kombiniert. Sie unterstützt ihre Leser darin, Herausforderungen des Alltags zu meistern, indem sie komplexe Themen auf verständliche Weise vermittelt und Werkzeuge zur Selbstreflexion bietet. Mit ihrer eigenen wachsenden Powerquickie-Buchreihe und weiteren Ratgebern, wie dem Buch ‚Zuckerteufel – Glücklich leben trotz ADHS‘, schafft sie inspirierende Ressourcen für Menschen, die Probleme zu bewältigen haben und nach mehr Leichtigkeit und Balance suchen.